Karin fragt: Brauchen Pferde überhaupt mehr als nur Heu und Weide? Und ich finde diese Frage sehr gut und mehr als berechtigt. Denn ganz ehrlich: Wenn man in die Futterregale der Läden schaut, wird man von Zusatzfuttermittelchen regelrecht erschlagen – hier etwas für den Darm, da etwas für die Haut und oben drauf noch was, damit die Muskeln schneller wachsen (natürlich von allein über Nacht – wie auch sonst?!). Ähnlich schaut es dann in den Spinden vieler Pferdebesitzer aus. Denn man möchte ja nur das beste für seinen Vierbeiner und hat schon fast ein schlechtes Gewissen, wenn man nichts zufüttert. So zumindest habe ich häufig den Eindruck. Fakt ist: in der Pferdefütterung ist weniger in der Regel mehr! Ich sage oft, wenn ich könnte, würde ich jedes Pferd mit Heu, Mineral und bei Mehrbedarf Hafer füttern. Fertig. So leicht ist es dann aber leider in den allermeisten Fällen doch nicht.
Aber noch einmal zurück zur Frage: Heu brauchen unsere Pferde, Weide hingegen schon nicht. Ein häufiges Thema in meinen Beratungen: ja, aus fütterungstechnischer Sicht kann ein Pferd auch ohne Weidegras bedarfsgerecht versorgt werden. Dies ist ja häufig gerade bei Stoffwechselkandidaten wichtig. Ein Pferd braucht also zunächst einmal nur Heu. Nun wird durch das hiesige Heu aber zu 99,9% zwar der Bedarf an Mengenelementen, nicht aber an Spurenelementen gedeckt. Diese Defizite gilt es über ein passendes Mineralfuttermittel auszugleichen. Hier gibt es leider keine Faustregel nach dem Motto „ein gutes Mineralfutter sollte so und so sein“, denn es muss immer individuell zu eurem Pferd und zu seinem individuellen Bedarf passen. Da gibt es kein pauschales „gut“ oder „schlecht“. Das muss berechnet werden. Unser gesundes Pferd im Erhaltungsbedarf ist jetzt versorgt.
Nun werden aber ja doch die allermeisten Pferde zusätzlich bewegt, was heißt, dass sie einen Mehrbedarf haben, der gedeckt werden muss. Und Überraschung: diesen Mehrbedarf können sehr sehr viele Pferde ebenfalls über Heu decken – sofern sie genug davon erhalten (min. 1,8kg/100kg bei Optimalgewicht). Wenn der Mehrbedarf aber größer ist, müssen wir gegebenenfalls mit einem passenden Kraftfuttermittel wie z.B. Hafer ergänzen. Fertig.
Leider ist es aber so, dass wir heutzutage viele Pferde mit speziellerem Bedarf haben, weil sie z.B. rassespezifische Prädispositionen haben, weil sie besonders jung oder alt sind, weil der Stoffwechsel nicht rund läuft, weil sie Verdauungsproblematiken haben oder der Bewegungsapparat beeinträchtigt ist. Hier können wir in vielen Fällen fütterungstechnisch unterstützen und so die Ration dauerhaft oder kurweise ergänzen.
Zusammenfassend gesagt: Gesunde Pferde im jungen bis mittleren Alter, die leichte Arbeit verrichten und mit qualitativ hochwertigem Heu gefüttert werden, benötigen meiner Meinung nach nicht mehr als ein passendes Mineralfutter (und je nach Pferd ggf. eine leistungsentsprechende Kraftfuttergabe).
