Heuernte 2022 – viel Zucker, wenig Eiweiß

Auf geht´s mit der ersten Freitagsfrage in 2023. Becca plagt – wie derzeit viele viele andere PferdebesitzerInnen – die aktuell verbreitet ungünstige Nährstofflage im Heu: viel Zucker, wenig Eiweiß. Sämtliche mir vorliegenden Heuanalysen aus 2022 weisen leider diese Problematik auf.

Zum Vergleich: schauen wir uns die ermittelten Werte der LUFA Nord-West aus 2021 an, liegen wir bei durchschnittlich 90g Gesamtzucker und 48g verdaulichem Rohprotein. Wenn ich diese Mittelwerte aus den Analysen ziehe, die ich im Laufe des Jahres erhalten habe (121 Stück, vorwiegend aus NRW), liege ich hier bei 120g Gesamtzucker und 29g verdaulichem Rohprotein (hier liegen leider noch keine Werte der LUFA vor). Dabei habe ich auch vereinzelt Analysen vorliegen, bei denen wir Zuckergehalte von 300g Gesamtzucker (bei <100g liegt hier der Referenzwert) und unter 5g verdaulichem Rohprotein (Referenzwert 54-87g) haben – also zusammenfassend: einfach gruselig. Besondere Beachtung sollten wir hier noch der Bedampfung von Heu schenken: durch diese Behandlung wird der Proteingehalt im Futtermittel weiter abgesenkt und zwar bis zu 50%. Uff.

Becca weiß nun nicht, wie sie hier gegensteuern soll, um eine passende Ration zu gestalten. Zusätzlich ist ihr Pferd zu dünn. Ob es dies vorher schon war, weiß ich nicht. Fakt ist aber natürlich, dass die Pferde durch das proteinarme Heu auch schnell abbauen (insbesondere auch muskulär). Auch das Immunsystem wird durch das fehlende Eiweiß schnell in Mitleidenschaft gezogen, wodurch unsere Pferde anfälliger für Erkrankungen werden. Zudem leidet auch Haut, Horn und Fell unter dem Mangel. Aber nicht nur der niedrige Proteingehalt macht uns Schwierigkeiten – auch der zum Teil extrem hohe Zuckergehalt ist für unsere Pferde sehr ungünstig. Insbesondere Stoffwechsel- und Hufrehekandidaten sind hier sehr gefährdet. Das einzige, was hier hilft ist waschen. Dadurch kann der Zuckergehalt um bis zu 30% reduziert werden. Je länger das Heu eingeweicht wird, desto niedriger der Zuckergehalt (allerdings auch der Gehalt anderer wichtiger Nährstoffe, weshalb das Thema Mineralisierung hier besonders wichtig ist!). Aber Vorsicht: durch langes Einweichen erhöht sich auch die Keimzahl im Futtermittel. Dies wiederum kann sich negativ auf die Darmgesundheit unserer Vierbeiner auswirken. Also auch nichts gewonnen. Daher empfehle ich, Heu nie länger als 1 Stunde einzuweichen und im Anschluss direkt zu verfüttern.

Nun haben wir aber immer noch das Eiweißproblem. Hier hilft es, entsprechende Eiweißlieferanten in die Ration zu integrieren wie z.B. Luzerne oder Luzernecobs, Sojaschrot, Leinsamen, Bierhefe oder Produkte mit Kartoffeleiweiß. Es gibt mittlerweile zahlreiche Ergänzungsfuttermittel zum Ausgleich mangelnder Eiweißgehalte in der Ration auf dem Markt. Welches hier für euer Pferd das geeignete ist, muss im Rahmen der Gesamtration und natürlich im Hinblick auf den individuellen Bedarf eures Pferdes ausgewählt werden. Sofern euer Bauer das Heu selbst herstellt oder es immer vom gleichen Anbieter bezieht, lohnt sich meines Erachtens in diesem Jahr definitiv eine Heuanalyse. Wenn es hier starke Schwankungen gibt oder eine Analyse schlichtweg nicht möglich ist, muss bei der Rationsberechnung (ja, die ist hier dringend anzuraten!) auf Mittelwerte der verschiedenen Regionen zurückgegriffen werden.

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