Anja möchte wissen, was sie tun kann, wenn ihr Pferd während des Fellwechsels Schuppen bekommt. Schauen wir uns dazu erst einmal an, wie und warum es zur Schuppenbildung kommt. Schuppen entstehen, wenn größere Verbände abgestorbener Hautzellen abgestoßen werden. Wie bei uns Menschen gibt es auch bei Pferden eine genetische Prädisposition zur Schuppenbildung. Meint: der eine neigt zu Schuppen, der andere nicht. Auslöser für Schuppenbildung können aber unter anderem auch Stress, Hormonschwankungen, falsche oder übertriebene Pflege oder auch Nährstofffehlversorgungen sein. Letztere würde ich mir genauer anschauen, wenn das Problem insbesondere im Fellwechsel auftritt. Denn in dieser Zeit werden ja verstärkt neue Haare gebildet und alte Haare werden abgeworfen.
Nun gehen viele daher und machen bei ihrem Pferd erst einmal prophylaktisch eine Zink-Kur zum Fellwechsel. Das ist jetzt auch nicht ganz verkehrt; denn Zink ist an der Bildung von Keratin (woraus Haare u.a. bestehen) beteiligt, fördert die Zellteilung und damit auch das Haarwachstum. Dennoch empfinde ich die Zink-Kur-Geschichte doch ein bisschen zu kurz gedacht. Denn neben Zink sind z.B. auch Selen, Kupfer, Mangan sowie verschiedene B-Vitamine an der Neubildung der Haare und am Zellwachstum beteiligt. Zusätzlich spielen Vitamin A und E eine Rolle. Und auch der Bedarf an essentiellen Aminosäuren ist während des Fellwechsels erhöht. Also machen wir jetzt auch noch eine Selen-Kupfer-Mangan-Vitamin-Kur mit extra Aminosäuren-Liquid! Nein, Quatsch. Machen wir natürlich nicht.
Viel eher möchte an dieser Stelle nochmal einen Schritt zurück gehen. Mit der bedarfsdeckenden (Nährstoff-)Versorgung steht und fällt die Gesamtgesundheit unserer Pferde. Mit bedarfsdeckend meine ich: weder über- noch unterversorgt. Die wenigstens Pferde sind mit sämtlichen Nährstoffen über- oder unterversorgt. Sehr viele Pferde hingegen sind nährstoffFEHLversorgt, was bedeutet, dass einige Nährstoffe im Überfluss aufgenommen werden, während andere Nährstoffe in nicht ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Dieser Überschuss bestimmter Nährstoffe führt darüber hinaus dazu, dass andere Nährstoffe, die eventuell sogar in ausreichender Menge angeboten werden, nicht aufgenommen werden können, weil ihre Andockstelle im Darm bereits „besetzt“ ist. Ihr seht, das Ganze ist doch ein bisschen komplexer als auf den ersten Blick gedacht. Worauf ich hinaus möchte: die beste Unterstützung, damit euer Pferd gut durch den Fellwechsel kommt, ist, es ganzjährig bedarfsdeckend zu versorgen!
Das bedeutet im Einzelnen:
- qualitativ hochwertiges Raufutter zur Verfügung stellen
- eine passende Mineralisierung wählen
- ggf. Eiweiß-/Energiebedarf durch Kraftfutter decken.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die meisten gesunden erwachsenen Pferde, die entsprechend ernährt werden, mit dem Fellwechsel keine Schwierigkeiten haben. Sicherlich sollte man beachten, dass der Energiebedarf während des Fellwechsels bei vielen Pferden erhöht ist. Hier arbeite ich gern mit dem Einsatz von Ölen wie z.B. Leinöl. Dieses enthält zudem Omega-3-Fettsäuren, die wichtig für die Zellelastizität sind und zum Haarwachstum beitragen. Vitamin A können wir beispielswiese über die Fütterung von Karotten zuführen. Diese enthalten ß-Karotin, eine Vorstufe, aus der im Darm Vitamin A gebildet werden kann. Den erhöhten Aminosäurenbedarf können wir z.B. durch die Zufütterung von Bierhefe decken. Hier sind praktischerweise auch eine Reihe an B-Vitaminen enthalten.
Und was ist jetzt mit Zink? Sicherlich können wir unsere Pferde mit einer temporären Zufütterung von Zink beim Fellwechsel unterstützen. Bitte überprüft aber zuvor einmal die Zinkmenge in eurem Mineralfutter. Immer mehr Produkten wird nämlich bereits eine große Menge zugesetzt. Denn durch einen Zinküberschuss kann die Aufnahme andere Spurenelemente (z.B. Kupfer) gestört sein. Und dann sind wir wieder am Anfang des Problems: der Nährstofffehlversorgung.
Noch einmal zurück zur eigentlichen Frage. Wenn die Schuppenbildung ausschließlich im Fellwechsel auftritt, ist davon auszugehen, dass sie mit dem einhergehenden erhöhten Nährstoffbedarf im Zusammenhang steht. Schritt 1 sollte trotzdem immer sein: Grundration überprüfen. Wenn hier alles stimmt, kann die Ration des Pferdes mit den oben genannten Futtermitteln schrittweise ergänzt werden. Da der Fellwechsel schon einige Zeit im Gange ist, wird die Ernährungsumstellung aber vermutlich erst beim nächsten Fellwechsel Früchte tragen